Bau eines Solarkraftwerks in den Schweizer Alpen: Weiter Kampf mit Widerstand

Die Installation großer Solarkraftwerke in den Schweizer Alpen würde die Stromerzeugung im Winter deutlich erhöhen und die Energiewende beschleunigen. Der Kongress einigte sich Ende letzten Monats darauf, den Plan gemäßigt voranzutreiben, was oppositionelle Umweltgruppen enttäuschte.

Studien haben gezeigt, dass die Installation von Solarmodulen in der Nähe der Schweizer Alpen mindestens 16 Terawattstunden Strom pro Jahr erzeugen könnte. Diese Strommenge entspricht etwa 50 % der vom Bundesamt für Energie (BFE/OFEN) bis 2050 angestrebten jährlichen Solarstromerzeugung. In Bergregionen anderer Länder gibt es in China mehrere große Solarkraftwerke, und in Frankreich und Österreich wurden kleinere Anlagen errichtet. In den Schweizer Alpen gibt es derzeit jedoch nur wenige Großanlagen.

Solarmodule werden üblicherweise an bestehender Infrastruktur wie Berghütten, Skiliften und Staudämmen angebracht. So gibt es beispielsweise am Muttsee in der Zentralschweiz (2500 m ü. M.) Photovoltaikanlagen dieser Art. Die Schweiz produziert derzeit rund 6 % ihres gesamten Stroms aus Solarenergie.

Doch die Krisenstimmung angesichts des Klimawandels und der Energieknappheit im Winter zwingt das Land zu einem grundlegenden Umdenken. Im Herbst dieses Jahres starteten einige Parlamentarier die „Solaroffensive“, die eine einfachere und schnellere Umsetzung des Bauprozesses für Solarkraftwerke in den Schweizer Alpen fordert.

Parallel dazu wurden zwei neue Vorschläge für den Bau von Solarkraftwerken auf Wiesen im Südschweizer Kanton Wallis eingereicht. Zum einen handelt es sich um ein Projekt namens „Gondosolar“ im Dorf Gond in der Nähe des Simplonpasses, das an anderen Standorten liegt, und zum anderen nördlich von Glengiols, wo ein größeres Projekt geplant ist.

Das 42 Millionen Franken (60 Millionen Dollar) teure Gondsolar-Projekt sieht die Installation von Solaranlagen auf zehn Hektar (100.000 Quadratmetern) Privatland auf einem Berg nahe der schweizerisch-italienischen Grenze vor. Geplant sind 4.500 Module. Landbesitzer und Projektbefürworter Renat Jordan schätzt, dass die Anlage jährlich 23,3 Millionen Kilowattstunden Strom produzieren kann – genug, um mindestens 5.200 Haushalte in der Region mit Strom zu versorgen.

Auch die Gemeinde Gond-Zwischbergen und der Energieversorger Alpiq unterstützen das Projekt. Gleichzeitig gibt es jedoch auch heftige Kontroversen. Im August dieses Jahres veranstaltete eine Gruppe von Umweltaktivisten eine kleine, aber lautstarke Demonstration auf einer Wiese auf 2000 Metern Höhe, wo das Kraftwerk gebaut werden soll.

Maren Köln, Vorsitzender der Schweizer Umweltorganisation Mountain Wilderness, sagte gegenüber swissinfo.ch: „Ich stimme dem Potenzial der Solarenergie voll und ganz zu, halte es aber für wichtig, bestehende Gebäude und Infrastrukturen (auf denen Solarmodule installiert werden können) zu berücksichtigen. Es gibt immer noch zu viele, und ich sehe keine Notwendigkeit, unbebautes Land anzutasten, bevor es erschöpft ist“, sagte er.

Das Energieministerium schätzt, dass durch die Installation von Solarmodulen auf den Dächern und Außenwänden bestehender Gebäude jährlich 67 Terawattstunden Strom erzeugt werden könnten. Das ist deutlich mehr als die 34 Terawattstunden Solarstrom, die die Behörden bis 2050 anstreben (2,8 Terawattstunden im Jahr 2021).

Laut Experten haben Solarkraftwerke in den Alpen mehrere Vorteile, nicht zuletzt, weil sie im Winter am aktivsten sind, wenn die Stromversorgung oft knapp ist.

„In den Alpen scheint die Sonne besonders im Winter besonders viel, und über den Wolken kann Solarstrom erzeugt werden“, sagte Christian Schaffner, Leiter des Zentrums für Energiewissenschaften an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETHZ), gegenüber dem Schweizer Fernsehen (SRF).

Er wies auch darauf hin, dass Solarmodule am effizientesten sind, wenn sie oberhalb der Alpen eingesetzt werden, wo die Temperaturen kühler sind, und dass bifaziale Solarmodule vertikal installiert werden können, um das von Schnee und Eis reflektierte Licht einzufangen.

Allerdings gibt es noch viele Unbekannte rund um das Alpen-Solarkraftwerk, insbesondere hinsichtlich der Kosten, des wirtschaftlichen Nutzens und der Eignung der Installationsstandorte.

Im August dieses Jahres demonstrierte eine Gruppe von Umweltaktivisten auf der geplanten Baustelle auf 2.000 Metern über dem Meeresspiegel © Keystone / Gabriel Monnet
Befürworter gehen davon aus, dass das vom Gond Solar-Projekt entwickelte Solarkraftwerk pro Quadratmeter doppelt so viel Strom produzieren kann wie eine ähnliche Anlage im Tiefland.

Die Anlage wird nicht in geschützten Gebieten oder an Orten mit hohem Risiko für Naturkatastrophen wie Lawinen gebaut. Sie behaupten außerdem, dass die Anlagen von den Nachbardörfern aus nicht sichtbar seien. Es wurde ein Antrag gestellt, das Gondelprojekt in den staatlichen Plan aufzunehmen, der derzeit geprüft wird. Selbst wenn dieser angenommen wird, wird er den befürchteten Strommangel in diesem Winter nicht bewältigen können, da die Fertigstellung für 2025 geplant ist.

Das Dorfprojekt Glengiols hingegen ist deutlich grösser. Die Finanzierung beträgt 750 Millionen Franken. Geplant ist der Bau eines Solarkraftwerks in der Grösse von 700 Fussballfeldern auf einem Grundstück auf 2000 Metern Höhe in der Nähe des Dorfes.

Der Walliser Senator Beat Rieder erklärte gegenüber dem deutschsprachigen Tages-Anzeiger, das Solarprojekt in Grenghiols sei sofort realisierbar und werde die bestehende Produktion um eine Terawattstunde Strom erhöhen. Theoretisch könne damit der Strombedarf einer Stadt mit 100'000 bis 200'000 Einwohnern gedeckt werden.

Brutal Nature Park, wo eine so große Anlage ein „regionaler Naturpark von nationaler Bedeutung“ ist, im Vergleich zu anderen Standorten, die Umweltschützer zunehmend befürchten, in

Im Walliser Dorf Grenghiols ist der Bau eines Solarkraftwerks in der Grösse von 700 Fussballfeldern geplant. SRF
Grenghiols Bürgermeister Armin Zeiter wies jedoch Vorwürfe zurück, die Solaranlagen würden die Landschaft verschandeln. Er erklärte gegenüber SRF: „Erneuerbare Energien dienen dem Schutz der Natur.“ Die lokalen Behörden haben das Projekt im Juni beschlossen und möchten es umgehend starten. Der Plan ist jedoch noch nicht eingereicht, und es gibt noch viele Fragen, wie etwa die Eignung des Installationsstandorts und die Frage des Netzanschlusses. Die deutschsprachige Wochenzeitung berichtete kürzlich über den lokalen Widerstand gegen das Projekt.

Diese beiden Solarprojekte kommen nur langsam voran, da sich in der Hauptstadt Bern drängende Fragen wie der Klimawandel, die künftige Stromversorgung, die Abhängigkeit von russischem Gas und die Frage, wie dieser Winter überlebt werden kann, aufheizen. Reisfeld.

Das Schweizer Parlament hat im September 3,2 Milliarden Franken für Klimaschutzmaßnahmen genehmigt, um die langfristigen CO2-Reduktionsziele für andere Standorte zu erreichen. Ein Teil des Budgets soll auch für die durch den russischen Einmarsch in die Ukraine gefährdete Energiesicherheit verwendet werden.

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Dieser Inhalt wurde am 25.03.2022 veröffentlicht. Der russische Einmarsch in die Ukraine hat die Energieversorgung destabilisiert und viele Länder gezwungen, ihre Energiepolitik zu überdenken. Auch die Schweiz überprüft im Hinblick auf den nächsten Winter ihre Gasversorgung.

Sie stimmten auch darin überein, dass ehrgeizigere Ziele erforderlich seien, um die Produktion erneuerbarer Energien bis 2035 zu verdoppeln und die Solarstromerzeugung sowohl im Flachland als auch in Hochgebirgsregionen zu steigern.

Rieder und eine Gruppe von Senatoren drängen auf einfachere Regeln, um den Bau großer Solarkraftwerke in den Schweizer Alpen zu beschleunigen. Umweltschützer reagierten schockiert auf die Forderung nach einer Umweltverträglichkeitsprüfung und das Verschweigen von Details zum Bau eines Solarkraftwerks.

Der Bundestag einigte sich schliesslich auf eine moderatere Variante, die mit der Schweizer Bundesverfassung im Einklang steht. Ein Alpen-Solarkraftwerk mit einer Jahresleistung von über 10 Gigawattstunden erhält finanzielle Unterstützung vom Bund (bis zu 60 Prozent der Investitionskosten), und das Planungsverfahren wird vereinfacht.

Der Kongress entschied jedoch auch, dass der Bau solcher grossen Solaranlagen eine Notfallmassnahme sei, in Naturschutzgebieten normalerweise verboten sei und nach Erreichen ihrer Lebensdauer abgebaut werden müsse. Er machte zudem alle in der Schweiz neu gebauten Gebäude mit Solarmodulen ab einer Fläche von 300 Quadratmetern verpflichtend.

Mountain Wilderness erklärte zu dieser Entscheidung: „Wir sind erleichtert, dass wir eine völlige Verschonung der Alpenindustrialisierung verhindern konnten.“ Unzufrieden sei er mit der Entscheidung, kleine Gebäude von der Pflicht zur Installation von Solarmodulen auszunehmen. Denn diese Bedingung werde als Missachtung der Solarstromförderung außerhalb der Alpen angesehen.

Die Naturschutzorganisation Franz Weber Stiftung bezeichnete den Beschluss des Bundesparlaments, große Solaranlagen in den Alpen zu unterstützen, als „unverantwortlich“ und forderte ein Referendum gegen das Gesetz und forderte die Verlegung der Anlagen an andere Standorte.

Natalie Lutz, Sprecherin der Naturschutzorganisation Pro Natura, sagte gegenüber swissinfo.ch, sie begrüße zwar die Rücknahme der „abscheulichsten und verfassungswidrigsten Klauseln“ durch den Kongress, etwa die Abschaffung der Umweltverträglichkeitsprüfungen. Sie sei jedoch der Ansicht, dass „Solarenergieprojekte in alpinen Gebieten immer noch hauptsächlich auf Kosten der Natur vorangetrieben werden“.

Die Branche reagierte rasch auf diesen Entscheid und legte mehrere neue Projektvorschläge vor. Nachdem das Bundesparlament für eine Vereinfachung des Bauprozesses für Solarkraftwerke in den Alpen gestimmt hatte, prüfen Berichten zufolge sieben große Schweizer Energieunternehmen dies.

Die deutschsprachige Sonntagszeitung „NZZ am Sonntag“ berichtete am Montag, dass die Interessengemeinschaft Solalpine derzeit zehn Hochgebirgsregionen als potenzielle Standorte für Solarkraftwerke sucht und diese mit lokalen Regierungen, Anwohnern und Interessenvertretern besprechen wird. Berichten zufolge sollen weitere Standorte in Angriff genommen werden.

 

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Veröffentlichungszeit: 27. Oktober 2022